Schutzkonzepte stellen einen zentralen Ansatz der Prävention sexueller Gewalt in pädagogischen Institutionen dar. Sie sollen dazu beitragen, dass Kinder und Jugendliche dort vor sexuellen Übergriffen sicher sind (Schutzort), aber auch kompetente Ansprechpartner*innen finden, wenn sie – egal wo – Erfahrungen sexueller Gewalt machen mussten (Kompetenzort). Schulen kommt dabei eine besondere Bedeutung zu, da nahezu alle Kinder und Jugendlichen im Schulalter einen Großteil des Tages dort verbringen. Schutzkonzepte umfassen ein abgestimmtes Set aus mehreren Maßnahmen, die in Schulen unter Verantwortung der Leitung, zusammen mit dem Kollegium sowie mit Schüler*innen und Eltern entwickelt werden. Die Maßnahmen umfassen beispielsweise Präventionsangebote für Schüler:innen, Fortbildungen für Beschäftigte, einen Orientierungsrahmen für den grenzachtenden Umgang mit Mädchen* und Jungen*, ein Beschwerdeverfahren und Ansprechpersonen, einen Interventionsplan sowie die Kooperation mit anderen Fachleuten.
Die bisherige Forschung zu Schutzkonzepten an Schulen konzentriert sich auf Befragungen von Schüler*innen zur Verbreitung sexueller Übergriffe an Schulen (z.B. Maschke/Stecher 2018) sowie Studien zur Aufarbeitung besonders drastischer Fälle (z.B. Burgsmüller/Tilmann 2019). In mehreren Befragungswellen wurde zudem der Stand der Einführung von Schutzkonzepten an Schulen bundesweit untersucht (Kappler u.a. 2019). Dabei zeigte sich, dass Schulen ganz überwiegend angeben, mehrere Elemente von Schutzkonzepten aufzugreifen, sich aber nur sehr wenige Schulen bereits ein umfassendes Schutzkonzept zusprechen. Obwohl von großer Bedeutung für die Ausgestaltung der flächendeckenden Einführung bzw. Weiterentwicklung von Schutzkonzepten in Schulen, haben Fragen der Wirkung von Schutzkonzepten bislang nur am Rande Beachtung erfahren. Das Forschungsvorhaben in Kooperation mit dem Deutschen Jugendinstitut (DJI) greift dieses zentrale Anliegen auf.
Das Projekt untersucht die Frage der Wirksamkeit von Schutzkonzepten im Längsschnitt, indem die Veränderungen nach (Weiter-)Entwicklung eines Schutzkonzepts an einer Schule aus Sicht der Schüler*innen, Lehrkräfte, Schulleitungen und Schulsozialarbeitenden erfasst werden. Im Fokus stehen dabei die Fragen, inwieweit Schutzkonzepte die Häufigkeit sexueller Übergriffe verringern und zu einem erhöhten Sicherheitsgefühl in der Schule beitragen. Zudem interessieren die Auswirkungen auf die Bereitschaft, bei sexuellen Übergriffen Hilfe zu suchen bzw. zu leisten.
Zum Ergebnistransfer sind u.a. Workshops mit Personen aus der Bildungsadministration sowie die partizipative Entwicklung einer Handreichung für die Schülermitverwaltung geplant.