Fotowettbewerb 2024/2025

Für den FAWuI-Fotowettbewerb 2024/2025 sollte ein Foto zum Thema „Emotionen“ eingeschickt werden. Unserem Aufruf sind erneut erfreulich viele Angehörige der Fakultät IV gefolgt. Hier zeigen wir beispielhaft einige Einsendungen.

Die FAWuI bedankt sich für alle eingereichten Beiträge. Es hat uns sehr gefreut, dass wir die Blickwinkel der Teilnehmer*innen teilen durften. Bei der Auswahl der Gewinner*innen spielte neben dem Foto auch der eingereichte Textbeitrag eine große Rolle. Als Preise wurden Gutscheine von dem lokalen Fachgeschäft für Bilderrahmen, Postkarten und Geschenkartikel Heinz & Heinz sowie Gutscheine von Pixum und MyPoster vergeben.

Wir wünschen den Gewinner*innen viel Freude mit ihren Preisen!

Prof. Dr. Nadja Kiehne, Prof. Dr. Dennis Allerkamp, Daniel Schirmer (M. Sc.), Prof. Dr. Bernd Obermöller

Ralf Gazmati

Bahnsteig im Nebel

Emotion Einsamkeit/Hoffnungslosigkeit oder auch warten auf den Zug, der wohl niemals kommt.

Der eisige Wind peitscht über den menschenleeren Bahnsteig. Ein Mann, eingehüllt in seinen Mantel, wartet geduldig auf den nächsten Zug. Die Kälte dringt bis in seine Knochen. Er ist schon seit Stunden hier, aber kein Zug hat sich in Sichtweite gezeigt. Die Anzeigetafel zeigt nur eine endlose Reihe von Verspätungen an. Das Licht der Laterne scheint kalt und unnachgiebig auf ihn herab. Jede andere Person hat das Warten bereits lange schon aufgegeben, hat alternative Beförderungsmöglichkeiten gewählt oder den Reisewunsch einmal wieder verschoben. Er fühlt sich verloren und allein. Sein Blick geht melancholisch in die Ferne, versucht ein Scheinwerferlicht der Hoffnung zu erspähen.  Wie lange kann er es wohl in dieser eisigen Kälte noch aushalten, bis auch der letzte Funke der Hoffnung in Ihm erlischt.

(Persönlicher Erfahrungsbericht des Künstlers)

Stine Reichert

Seifenblasen

Nur Seifenblasen werfen bunte Schatten. ~ Heike Odenhoven

Sie entstehen mit einer spielerischen Leichtigkeit und werden von der Luft getragen. Ihre schillernden Farben tanzen im Licht, reflektieren die Welt in sanften Regenbogentönen und lassen uns für einen Moment staunen. Dann verschwinden sie ebenso schnell, wie sie gekommen sind.

Sie wecken eine kindliche Freude, der sich kaum jemand entziehen kann. Die Menschen bleiben stehen und staunen – ganz egal, woher sie kommen und wohin sie gehen. Jedes Kind versteht das Spiel der tanzenden Blasen. Mit leuchtenden Augen verfolgen sie ihren Weg, versuchen, sie einzufangen, lachen, wenn sie platzen, und jubeln, wenn eine besonders große Blase hoch in den Himmel steigt.

Seifenblasen wecken Erinnerungen an unbeschwerte Tage, an Sommer und Sonnenstrahlen auf der Haut. Sie erinnern uns daran, wie schön es ist im Moment zu bleiben und einmal nicht an Morgen zu denken.

Doch in ihrer Zerbrechlichkeit schwingt eine gewisse Melancholie. Sie sind ein Sinnbild für die Flüchtigkeit der schönen Dinge. Seifenblasen erinnern uns daran den Augenblick zu genießen.

Lea Hagener

Leas Vater

Manche Menschen tragen das Herz auf der Zunge, meine Vater trägt es in seinen Blicken.

Auf dem Bild sieht man ihn wie er voller Vorfreude auf meine Mutter wartet. Seit nun über 20 Jahren kann er ihr nicht nur keinen Wunsch ausschlagen, er schärt auch keine müh ihr zuvorzukommen. Und so hat sie stehts einen persönlichen Fahrservice bei jeder Nachtschicht und bei spätem Feierabend.

Zum Zeitpunkt des Fotos hatte sie an einem Sommertag eine lange Schicht, von welcher wir sie wie geplant abholen wollten. Das Bild sollte diese Erinnerung festhalten und den Moment zeitlos machen. Diesmal habe ich meine Kamera demnach nicht zuhause liegen gelassen, sondern wollte den Augenblick einfangen. Hierbei musste ich jedoch darauf achten, dass mein Vater nicht bemerkte, dass ich gerade Fotos von ihm machte, und tat so, als würde ich wie gewohnt nur Gebäude und Strukturen ablichten. Auch sollten keine anderen Personen mit auf dem Bild sein. Der Fokus sollte rein auf ihm, seinem Gesicht und seiner Emotion liegen.

Als der Zug mit meiner Mutter drauf einfuhr, war der Moment gekommen, mein Vater abgelenkt und ich konnte das Foto machen, welches nun einer meiner Lieblingsbilder von ihm geworden ist.

Leona Osmanaj

Frau vor ihrem Haus

Das Warten auf den Sommer

Mit diesem Bild wollte ich die tiefe Sehnsucht und Einsamkeit festhalten, die viele ältere Menschen in den Dörfern des Kosovo erleben. Eine Frau sitzt vor ihrem Haus, ihr Blick schweift in die Ferne. Hoffnung und Melancholie liegen in ihrem Gesicht. Ihr Mann ist verstorben, eine Tochter wurde ihr genommen, die andere lebt im Ausland. Das Haus, einst voller Stimmen und Leben, bleibt die meiste Zeit still. Jedes Jahr wartet sie elf Monate auf den Sommer, auf den Moment, in dem die Türen sich öffnen, das Lachen zurückkehrt und die Erinnerungen für kurze Zeit Wirklichkeit werden.

Die größte Herausforderung bestand darin, diesen einen Moment einzufangen, der all diese Emotionen trägt. Das Licht musste die Atmosphäre unterstützen, nicht zu dunkel, nicht zu grell. Die Perspektive sollte Nähe schaffen, ohne aufdringlich zu wirken. Das Haus im Hintergrund verstärkt die Stille, die Einsamkeit, aber auch die Geschichte eines gelebten Lebens. Geduld war entscheidend, denn das Bild musste von selbst entstehen.

Dieses Bild erzählt von Hoffnung, von Verlust, von dem Leben in der Diaspora und den Menschen, die zurückbleiben. Es fängt einen Augenblick ein, der für viele in diesen Dörfern Alltag ist. Ein Blick, ein Haus, ein Warten. Ein ganzes Leben, eingefangen in einem Bild.

Thi Thuy Nga Dang

Hund Milo

Augen der Sehnsucht

Emotionen finden sich in allen Lebewesen wieder. Neben den Menschen auch in Tieren. Besonders in meinem Lieblingstier und Lieblingslebewesen - mein Hund, Milo. Mit diesem Bild wollte ich die Emotionen der Trauer und Sehnsucht darstellen. Besonders in den Augen und der Mimik von Milo sieht man sein Trübsal wieder, das mit seinem Stöhnen auch noch verstärkt wurde.

In meiner Freizeit fotografiere ich gerne meinen Hund, allerdings wirkt er sehr kamerascheu, sodass es oft sehr schwer ist, ein Bild von ihm zu schießen, das nicht verschwommen endet. Dieses Bild wurde an einem sonnigen Tag draußen im Garten gemacht. Der Tag war leider nicht so schön für Milo, da an dem Tag meine Eltern zurück in die Heimat für 2 Wochen geflogen sind. Normalerweise ist er sehr munter und lebensfroh mit der ganzen Familie, doch an diesem Tag sehnte er sich nach der Rückkehr meiner Eltern. Er lag ganz ruhig draußen im Garten und wollte nicht wie gewöhnlich spielen. Ich dachte mir also, dass dies der perfekte Moment sei, endlich ein Foto von ihm zu machen. Für diese Aufnahme musste ich konkret nicht viele Hindernisse überwinden, aber die Augen der Sehnsucht meines Lieblingswesen zu erfahren war die größte Hürde für dieses Bild.

Ritta Yaghy

Menschenmenge in Syrien

Emotionen in einem Bild – Ein Moment der Freiheit

Emotionen sind das Herzstück unserer Erfahrungen, und selten gibt es Momente, die eine ganze Nation in einem einzigen Gefühl vereinen. Mein Foto entstand in einem sehr persönlichen, aber dennoch historischen Augenblick – nicht unter perfekten Bedingungen, sondern per Videoanruf mit meiner Cousine. Denn am 08.12.2024 um 6:18 Uhr erlebten 23 Millionen Syrer eine Emotion, die sie sich jahrzehntelang nicht zu fühlen trauten: Freiheit.

An diesem Tag wurde Syrien von einem diktatorischen Regime befreit, das über 50 Jahre lang das Leben von Millionen Menschen zerstört hatte. Es war das erste Mal, dass die Syrer ohne Angst das Wort „Freiheit“ aussprechen konnten, ohne befürchten zu müssen, verhaftet oder getötet zu werden. Dieses Gefühl wollte ich in meinem Foto einfangen – nicht nur die Freude, sondern auch die Unsicherheit, die dieser Moment mit sich brachte. War es Hoffnung oder Angst vor einer ungewissen Zukunft? Konnte man glücklich sein, wenn so viele nicht mehr da waren, um es mitzuerleben?

Die größte Herausforderung war, dass ich nicht vor Ort sein konnte, um diesen historischen Augenblick mit meiner Heimat zu teilen. Stattdessen hielt ich den Moment mit einem technisch unperfekten Bild fest. Aber für mich zählt nicht die Qualität des Fotos, sondern die Bedeutung dahinter. Es ist ein Zeugnis eines Gefühls, das für Millionen Menschen unbeschreiblich war: der erste Atemzug in Freiheit.